Gebündeltes Licht revolutioniert Medizin und Messtechnik – Laserblitz macht Hautkrebs sichtbar
Eine neue Generation von Lasern schafft neue Perspektiven für medizinische Anwendungen: Mit gezielten, ultrakurzen Lichtimpulsen lassen sich Hautkrebs diagnostizieren und Karies bekämpfen.
Physiker des Berliner Max- Born-Instituts (MBI) haben eine neue Methode zur Früherkennung des schwarzen Hautkrebses entwickelt: In kürzester Zeit und ohne die bisher unumgängliche Gewebeentnahme kann mit Hilfe von Laserstrahlen zuverlässig erkannt werden, ob es sich bei einer Hautveränderung um ein Melanom handelt. Kernstück der Innovation ist der Femtosekundenlaser, der Lichtblitze von unvorstellbar kurzer Dauer erzeugt: Eine Femtosekunde dauert nur den milliardsten Teil einer millionstel Sekunde (10 15 s).
Schwarzer Hautkrebs, eine der bösartigsten Erkrankungen, beginnt meist klein und unscheinbar. Die Veränderungen sind für Laien kaum von einem Leberfleck zu unterscheiden. Die Forscher am Max-Born-Institut bemerkten, dass krankes Gewebe durch eine spezifische Anregung mit dem Laser zu einem sehr charakteristischen, ultraschwachen Leuchten angeregt wird. „Dabei lässt sich der Unterschied zwischen gutartigen Pigmentkonzentrationen und bösartigen Veränderungen zuverlässig erkennen“, versichert Dieter Leupold, Projektleiter am MBI. So entfällt die Prozedur der Gewebeentnahme und Analyse, die Früherkennung kann beschleunigt werden und die Heilungschancen steigen.
Für Leupold weist die Innovation weit in die Zukunft: „Irgendwann einmal wird es neben Passbildautomat und Telefonzelle auch einen Automaten geben, an dem jeder Mensch mit selbst bemerkten Hautveränderungen kontrollieren kann, ob er umgehend einen Dermatologen aufsuchen sollte.“ Doch zunächst wird in Berlin zunächst an der Marktreife des neuen Krebsdiagnosegerätes gearbeitet. „Den ersten Prototypen wollen wir bis Ende des Jahres fertig stellen und dann in die abschließende klinische Erprobung an der Universitätsklinik in Bochum geben“, sagt Matthias Scholz. Der Geschäftsführer der LTB Lasertechnik Berlin GmbH sucht bereits nach Kooperationspartnern, um in der ersten Serie ein „mobiles, robustes und zuverlässiges System“ auf den Markt bringen zu können.
Noch wäre ein solches Gerät bei Herstellungskosten von mehreren Hunderttausend Euro für den einzelnen Hautarzt kaum erschwinglich. „Das wird sich mit einer Serienfertigung natürlich ändern“, so Scholz. Die Möglichkeiten des Femtosekundenlasers gehen jedoch weit über den dermatologischen Einsatz hinaus: „Der Laser ist ein wahres Powerpaket und ein Präzisionsinstrument, das punktgenau eingesetzt werden kann und umliegendes Material oder Gewebe nicht zerstört“, sagt Holger Lubatschowski, Professor am Laserzentrum Hannover. Die Forscher in Hannover arbeiten derzeit daran, den Femtosekundenlaser in der Augenchirurgie und in der Zahnmedizin einzusetzen. Mit ihm könnten kariöse Stellen millimetergenau und ohne Hitzeentwicklung schmerzfrei entfernt werden – ohne den Zahnschmelz zu beschädigen.
Lubatschowski erwartet, dass der ultrakurze Lichtstrahl auch in vielen anderen Bereichen nützlich sein kann: In der Mess- und Fertigungstechnik, Material- und Oberflächenbearbeitung oder Telekommunikation.
Dass die Femtosekundenlasertechnik „sehr viel wirtschaftliches Potenzial“ birgt, glaubt auch Peter Wolff, Geschäftsführer des Beteiligungsunternehmens Enjoyventure GmbH in Düsseldorf. Das Venture-Capital-Unternehmen beteiligt sich vor allem an der Gründung von Technologieunternehmen, darunter auch im Laserbereich: „Langfristig liegt im Marktsegment der medizinischen Femtosekundenlaser- Anwendungen ein Volumen von 350 bis 450 Millionen US-Dollar“, schätzt der Experte. Ob und wann diese Märkte spürbar an Volumen gewinnen, müsse sich allerdings erst zeigen.
Quelle: Gabriele Müller, Handelsblatt, 11.10.2002